(© Text: Hansestadt Wismar)
Am 25. Januar 1990 brachte ein Orkan den Giebel des Nordquerhauses zum Einsturz. Die losgerissenen schweren Steinmassen stürzten aus einer Höhe von 35 Metern auf zwei gegenüberliegende Wohnhäuser. Ein Kind wurde unter den Trümmern begraben, es konnte schwer verletzt geborgen werden. Die anderen Bewohner kamen leicht verletzt oder mit dem Schrecken davon.
Dieses traurige Ereignis gab den Anstoß für die Sicherung und den Wiederaufbau der St.-Georgen-Kirche. Bitten um schnelle Hilfe wurden an die Deutsche Stiftung Denkmalschutz gerichtet. Diese stellte noch im selben Jahr einen größeren Betrag für die Sicherung der Ruine zur Verfügung. Die Hansestadt Wismar nahm die Sicherung und den Wiederaufbau der Kirche sofort in die Hand und trieb das Vorhaben voran. St. Georgen wurde das erste Förderungsprojekt der Deutschen Stiftung Denkmalschutz in den neuen Bundesländern. Sie hat die Hälfte aller bisherigen Kosten getragen.
Die Spendenbereitschaft weit über Wismar hinaus war und ist noch immer beispielhaft. Alle Geldgeber tragen so gemeinsam dazu bei, dass die Kirche voraussichtlich im Jahr 2010 in ihrer einstmaligen Größe und Schönheit wieder erstanden sein wird.
waren sehr umfangreiche und aufwändige Gerüstbauarbeiten notwendig. Hinzu kamen erste Vorbereitungen für die fotogrammetrischen Aufnahmen der gesamten Ruine und Ultraschallmessungen, um bessere Erkenntnisse über den Zustand des Baugrundes und über das Gefüge des Mauerwerks an der gefährdeten Säule zu bekommen. Der Dachreiter bekam umfangreiche Notverstrebungen, um seinen drohenden Absturz zu verhindern.
Die Restaurierung des Dachstuhls über dem mittelalterlichen Chor bildete das umfangreichste Vorhaben in diesem Jahr. Um ein weiteres Absinken der stark gefährdeten Chorstütze in der Nordarkade zu verhindern, wurde in den beiden angrenzenden Jochen jeweils eine Tragkonstruktion eingebaut. Darüber hinaus begann man damit, die noch vorhandenen Gewölbe über dem Chorhochschiff durch Überzüge zu sichern, an denen die Rippen jetzt aufgehängt sind. Der Dachreiter (Glockenturm) erhielt eine zusätzliche Sicherung durch Ringanker auf den Mauerkronen, während sein Helm eine provisorische Schutzhülle aus Folie gegen eindringendes Regenwasser bekam.
In diesem Abschnitt wurden im Chor die Sicherungsarbeiten fortgeführt. Dazu gehörten die Nachgründung und das Sichern der abgesackten Stütze in der Nordarkade und das Sichern der Hochschiff- und Seitenschiffwände. Die bereits im Vorjahr begonnenen Sicherungsmaßnahmen an den Gewölben fanden ihren Abschluss. Alle Löcher in den Gewölbeschalen sind seit der Zeit wieder geschlossen. Zeitgleich mit den Mauerarbeiten zur Sicherung der Gewölbekappen und zur Vermauerung aller Fehlstellen sind auch restauratorische Voruntersuchungen zur Konservierung der noch vorhandenen Gewölbeausmalung vorgenommen worden. Der stark ausgebauchte Pfeiler im Zwillingsfenster der Ostwand bekam eine provisorische Sicherungsvorrichtung mit Stahltraversen. Die Sicherung der Strebebögen an der Südseite gehören ebenfalls zu dieser Maßnahme einschließlich zwei weiterer an der Nordseite. Die beiden noch erhaltenen, aber sehr einsturzgefährdeten Gewölbe an der Nordseite des Vorchorjoches wurden notgesichert. Das Gleiche gilt für den ebenfalls sehr ruinösen Pfeiler im Zwillingsfenster dieses Gebäudeteils.
Der östliche Schmuckgiebel des Vorchorjoches und der noch schmuckvollere des Nordquerhauses (er war am 25. Januar 1990 abgestürzt) konnten beide wieder vollständig neu hergestellt werden. Die ebenfalls verlorenen Helme der Flankentürme am Nordquerhaus sind neu angefertigt und auf die Turmschäfte gesetzt worden.
Das Nordquerhaus und das Hochschiff des Vorchorjoches erhielten neue Dachstühle. Das Chordach konnte nach gut zwei Jahren Wartezeit durch eine neue Ziegeleindeckung endgültig fertig gestellt werden. Auch der ehemals akut absturzgefährdete Dachreiter ist im Jahre 1993 gründlich restauriert und mit einer neuen Kupfereindeckung versehen worden.
Weiter wurde das nördliche Seitenschiff vom Vorchorjoch mit der dazugehörigen Seitenkapelle endgültig gesichert und unter Dach gebracht, einschließlich der Kupfereindeckung. Die unzureichend gegründete Ostwand des Chores ist stabilisiert worden.
Der Dachstuhl über der Vierung wurde aufgestellt und mit einer Schalung versehen. Die restlichen Arbeiten am Dachreiter fanden ihren Abschluss. Ebenfalls waren noch vor dem Aufstellen des Dachstuhles umfangreiche Sicherungsarbeiten an den Wänden und Mauerkronen erforderlich. Im Hochchor konnte eine weitere, bis dahin schlecht gegründete Arkadenstütze gesichert werden. Die Dächer über dem Hochschiff des Vorchorjoches und des Nordquerhauses erhielten eine Kupfereindeckung. Gesichert wurden auch das südliche Vorchorjoch einschließlich seiner Seitenkapelle und die südliche Turmseitenkapelle.
Im Westteil der Kirche fanden vertiefende Bodenuntersuchungen und die Auswertung derselben statt. Dabei zeigte sich, dass im Bereich der südlichen Turmseitenkapelle extrem ungünstige Gründungsverhältnisse vorhanden sind. Bei der nördlichen Turmseitenkapelle liegen ähnlich schlechte Gründungsvoraussetzungen vor. Diese Kapelle konnte gesichert werden.
Am Jahresende waren die Vierung mit den nach Osten und Norden ausgreifenden Dachflächen mit einer Kupfereindeckung versehen. Die Läuteglocke und die Stundenglocke kamen an ihren alten Platz in den Dachreiter zurück.
Neben den notwendigen Sicherungsarbeiten am Mauerwerk erhielt das Südquerhaus seinen Dachstuhl mit Schalung und Dachpappe. Die beiden Flankentürme wurden ebenfalls weitgehend fertig gestellt. Sie blieben aber noch auf dem Erdboden im Langhaus stehen. Auch der Südhausgiebel konnte restauriert werden.
Die Sicherungsarbeiten im Ostteil der Kirche kamen zum Abschluss. Das südliche Seitenschiff des Vorchorjochs einschließlich der dazugehörigen Kapelle erhielten einen Dachstuhl mit der endgültigen Kupferblecheindeckung. Das Gleiche geschah mit den Seitenschiffen des Chores.
Die Nordostkapelle und die Südkapelle am Chor wurden in den aufgehenden Wänden gesichert und mit einer Kupferblecheindeckung versehen. Das südliche Querhaus bekam ebenfalls seine Kupferblecheindeckung.
Die am Boden fertig eingedeckten Helme der Flankentürme des Südquerhauses wurden wieder auf ihre angestammten Plätze gesetzt. Endgültig gesichert werden konnte auch die gelöste Wandscheibe zwischen dem nördlichen Seitenschiff des Vorchorjoches und dem nördlichen Seitenschiff des Chores. Diese Fläche im oberen Wertbereich ist mit wertvollen Materialien besetzt.
Das südliche Langhaus mit den angrenzenden Kapellen sowie die Westwand des Querhauses im Bereich der Langhausbreiten konnten endgültig gesichert werden. Dazu gehört auch die südliche Hochwand des Langhauses bis in die Höhe des Seitenschiffes. Das große Fenster im Südquerhausgiebel wurde vollständig – einschließlich Verglasung – wiederhergestellt. Der stark beschädigte Pfeiler im Zwillingsfenster der Seitenkapelle des südlichen Vorchorjochs wurde gesichert sowie das Stabwerk und die Standeisen wieder eingebaut. Das Gleiche gilt für das große Zwillingsfenster in der Chorostwand. Nachdem die Hansestadt Wismar der Empfehlung des Wissenschaftlichen Beirats zugestimmt hat, die gesamte Kirche wieder einzuwölben, wurde eine Probewölbung in der Kapelle des südlichen Seitenschiffs durchgeführt.
In diesem Jahr standen Sicherungsarbeiten an den Wänden im Vordergrund. So konnte das Mauerwerk an folgenden Gebäudeteilen endgültig gesichert werden:
– das nördliche Seitenschiff des Langhauses mit den Kapellen
– die Reste der westlichen Nordquerhauswand
– die Reste der nördlichen Nordquerhauswand
– die Reste der östlichen Nordquerhauswand
– die Reste der nördlichen Obergadenwand des Vorchorjochs
Auch wurden folgende Fenster einschließlich ihrer Verglasung wieder fertig gestellt:
– die Obergadenfenster der Westwand des Nordquerhauses
– das große Fenster der Nordwand des Nordquerhauses
– die Obergadenfenster der Ostwand des Nordquerhauses
– das Obergadenfenster der nördlichen Hochschiffwand am Vorchorjoch
– die beiden großen Fenster in der Ostwand des Hochchores
Nachgerüstet werden konnten auch die beiden Doppelstützen zwischen Vorchorjoch und Chor.
Am Ende des Jahres hatten außer dem Turm mit seinen Seitenkapellen alle Gebäudeteile wieder ein fertiges Dach. Auch waren ein großer Teil der Fenster fertig verglast und bis auf den Turmschaft alle Wände gesichert. 1999 wurden die Obergadenwände des Langhauses gesichert sowie die dortigen Fenster und die Fenster am Obergaden des Chores fertig gestellt. Sowohl das Hochschiff als auch die Seitenschiffe mit den Einsatzkapellen konnten mit Dächern versehen werden.
Ende 2000 waren alle Fenster östlich des Querhauses und die Fenster im Querhaus selbst fertig eingebaut sein. Ebenso sind dann die Gewölbe östlich des Querhauses wieder hergestellt bzw. repariert.
An den Außenwandflächen des nördlichen Seitenschiffes im Langhaus wurden die Mauerarbeiten fortgesetzt. Ebenfalls sind die Innenwandflächen und Stützen im Ostteil der Kirche (Chor, Nordostkapelle, Südkapelle) repariert worden. Das große Fenster im Westturm erhielt wieder neues Maßwerk und Stabwerk nach originalem Vorbild. Die historische Eingangstür zur ehemaligen Sakristei wurde restauriert und wieder eingebaut. Die Nordostkapelle erhielt eine künstlerisch gestaltete Metalltür. Im Rahmen der archäologischen Untersuchungen wurden im Ostteil der Kirche die noch vorhandenen Grabplatten geborgen und gelagert. Im Ostteil der Kirche wurden erste archäologische Untersuchungen für den Einbau der Temperierungsanlage durchgeführt.
Im Chor der Nordostkapelle und teilweise im Vorchorjoch konnten die ersten Kanalarbeiten für die Temperierungsanlage durchgeführt werden. Im Vorchorjoch wurde eine Unterflur-Technikstation angeordnet. Im August waren die Arbeiten am Fußboden mit dem Verlegen des Plattenbelages soweit abgeschlossen, dass der Ostteil der Kirche ab September genutzt werden konnte. Im Westturm konnten die beiden Geschossdecken und die Brüstungsmauer (1,50 m hoch)auf der oberen Ebene hergestellt werden. Fertiggestellt wurden ebenfalls die letzten Reparaturarbeiten an den Stützen und Innenwänden im Ostteil der Kirche.
Auf der nördlichen Turmseitenkapelle konnte der Dachstuhl mit einem Dachziegel eingedeckt werden. Im Nordquerhaus, in der Vierung und im Vorchorjoch wurden die Kanäle für die Temperierungsanlage und der Unterbau für den Fußboden eingebaut. Im August waren die Arbeiten am Fußboden mit dem Verlegen des Plattenbelages soweit abgeschlossen, dass die Vierung und das Nordquerhaus der Kirche ab September genutzt werden konnten. Der Einbau des neuen Fußbodens besteht aus einer unterschiedlich hohen Ausgleichsschicht, einer Dämmschicht, einer Fußbodenheizung im Heizestrich und einem Belag aus handgemachten Klosterformatsteinen.
Die archäologischen Untersuchungen zur Vorbereitung der Arbeiten im Südquerhaus, dem Mittelschiff, beiden Seitenschiffen sowie den Seitenkapellen wurden ausgeführt. Dabei wurden die noch vorhandenen Grabplatten dokumentiert und geborgen. Danach wurde mit den Arbeiten zum Einbau des weiteren Fußbodens und der Temperierungsanlage begonnen. Im Mittelschiff wurde eine weitere Unterflur-Technikstation angeordnet. Diese Arbeiten wurden im April 2010 abgeschlossen. Des Weiteren wurden in den südlichen Seitenkapellen einige Grabplatten restauriert und aufgestellt.
Von 2011 bis 2013 lag das Hauptaugenmerk der Bautätigkeit auf die Fundamentstabilisierung und den Ausbau des Westturmes mit Aufzug, Treppenanlage und Aussichtsplattform.
Seit der Einweihung am 9. Mai 2014 ist es möglich, mit dem Fahrstuhl auf die Aussichtsplattform von St. Georgen zu fahren, von wo man einen herrlichen Ausblick auf die Altstadt und die Ostsee hat.
Sicherung und Restaurierung der Wandmalereien